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Die Liebe eines Vaters03. Mär 2020 |
Meine dritte Geschichte: Benjamin ist 10 Jahre alt. Sein Vater ist alleinerziehend. Seine Mutter starb vor ein paar Jahren an Krebs. Geschwister hat er keine, weshalb Benjamin das Wichtigste ist, was sein Vater hat. Er liebt ihn über alles. Eines Tages spiel Benjamin zu Hause mit seinem Spielzeughubschrauber. Er nutzt dafür das ganze Wohnzimmer als Flugraum. Doch als er kurz nicht aufpasst, gerät er ins Stolpern und fällt gegen einen großen Schrank, von welchem er wenige Sekunden später begraben wird. Der Schaden ist groß und auch Benjamin kommt nicht unverletzt davon. Und auch wenn sein Vater mehrere 1000 Dollar für Reparaturen zahlen muss, ist das einzige, woran er denkt, dass sein Sohn gesund und munter aus dem Krankenhaus entlassen wird. Vier Jahre sind seit dem Unfall vergangen. Große lange Narben zieren seitdem das Gesicht Benjamins. Er wird des Öfteren für diese Entstellung gehänselt. Er hat es schwer in der Schule und Freunde hat er nur wenige. Er muss hart dafür Kämpfen um ein Teil der Klasse zu sein. Eines Tages bei einem Klassenfest mit Lehrern und Eltern geriet er in ein Wortgefecht mit anderen Mitschülern. Es fallen viele beleidigende Worte bis Benjamin seinen Vater mit hinein zieht und ihn mit Lügen bloßstellt. Die anderen Eltern, die diese Lügen nicht verstehen, hören gespannt zu, und melden ihn beim zuständigen Amt. Benjamins Vater, der in einem hiesigen Kinderhort arbeitet, wird „zur Sicherheit“, so heißt es von offizieller Seite, vom Dienst suspendiert. Auf eine Anzeige wird wegen fehlenden Beweisen verzichtet. Dennoch wird er ein paar Monate später entlassen und verliert seinen Status im Ort. Den Grund für all das kennt er. Doch er schweigt zu dem Vorfall. Er nimmt all die Schande auf sich um seinem Sohn vor einem Schlechten Ruf zu bewahren. Doch Benjamin nimmt nichts von all dem wahr. Stattdessen wirkt er kühl und zurückgezogen. Er verliert immer mehr Freunde und schaukelt sich so in eine große Depression, aus der er sich nicht helfen lassen will. Und sein Vater ist hilflos und allein. Benjamin ist gerade 19 geworden. In der zehnten Klasse ist der von der Schule geflogen. Seitdem ist er arbeitslos. Eine Ausbildung hat er nicht begonnen. Stattdessen hat er Kontakte zu einem Drogenring aufgebaut und ist dort aktiv. Eines Tages läuft etwas schief. Benjamin wird verraten und landet vor Gericht. Seine Kollegen türmen mit der Beute, sodass Benjamin leer ausgeht. Er wird zu einer hohen Geldstrafe verurteilt, die er nicht bezahlen kann. Doch sein Vater springt für ihn ein. Er nimmt gewaltige Schulden bei einer Bank auf, um seinem Sohn zu helfen. Er ist zwar sehr enttäuscht und versteht die Beweggründe seines Sohnes nicht, doch seine Liebe und Hoffnung, dass sein Sohn eines Tages wieder zu Sinnen kommt, sind größer. Ein paar Jahre vergehen. Benjamin und sein Vater haben seit dem Vorfall nicht mehr miteinander geredet. Bedankt hat sich Benjamin bei seinem Vater nie. Erst der Zufall lässt es zu, dass sie sich wiedersehen. Nur die Umstände sind sind nicht die Besten. Benjamin steckt in großer Geldnot und so Überfällt er erfolgreich mehrere Tankstellen. Eines Tages sieht sein Vater in und erkennt ihn. Er spricht ihn an und versucht ihn zur Vernunft zu bringen. Doch der Versuch scheitert. Benjamin türmt. Er lässt seinen Vater mit der Waffe in der Hand stehen und lässt es so aussehen, als wäre er der Verbrecher. Es funktioniert. Und so wird er von der Justiz zu einer Haftstrafe verurteilt. Die Trauer über den Werdegang Benjamins steht dem Vater ins Gesicht geschrieben. Er verstummt und redet seitdem kein Wort mehr; keine Reaktion von Freude oder Schmerz. Aber in Gedanken immer bei seinem Sohn. Ein weiteres Jahr vergeht. Benjamins Vater soll in den nächsten Tagen aus dem Gefängnis entlassen werden. Doch soweit sollte es nicht kommen. Er bekam Besuch von einem Mann, der ihm vom Suizid seines Sohnes berichtete. In seinem Abschiedsbrief liest er von einem nicht lebenswerten Leben; ohne Ziel und Sinn. Ein Leben, dass nur mit Problemen zu kämpfen hatte, zu denen es keine Lösung gab. Ein Leben, dass nie richtig geachtet, verstanden und geliebt wurde. Benjamins Vater weinte. Bitterlich. Und das war das letzte, dass man von ihm hörte, bevor er sich noch am selben Tag in seiner Zelle verabschiedete |