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Dem Mörder verbunden10. Apr 2022 |
Vorwort Du bist 25 Jahre alt. Deine Eltern sind schon vor ein paar Jahren an Krebs gestorben. Ihr, Dein Bruder Abel und Du, konntet diesen Verlust schon lange verkraften. Eure geschwisterliche Beziehung hat sich dadurch nur verbessert. Ihr verbringt sehr viel Zeit miteinander und Du weißt, dass Du mit allem, was Dich beschäftigt, zu ihm kommen kannst. Und auch wenn ihr nicht immer einer Meinung seid, kannst Du Dir sicher sein, dass Dir Abel immer helfen wird. Eines Tages bist Du Zuschauer vor Gericht. Abel wird des Totschlags angeklagt. Dein Bruder beteuert in Notwehr gehandelt zu haben, doch beweisen kann er dies nicht. Du glaubst Abel. Du kannst Dir nicht vorstellen, dass er grundlos das Leben eines anderen Menschen nimmt. Ab und zu wirft er einen Blick zu Dir. Er wirkt, anders als in der Vergangenheit, unsicher und verwirrt. Glücklicherweise ist die Beweislage sehr dünn und es scheint, als ob Dein Bruder die Wahrheit sagt. Er wird freigesprochen. Doch etwas ist innerlich zerbrochen in ihm. Du weißt nur nicht, was. Was tust Du? Du gehst mit Deinem Bruder zum Psychologen. Er hat dort mehrere Sitzungen, doch der Psychologe kann nichts erkennen. Trotzdem ist Abel anders. Seine übliche Selbstsicherheit hat er wieder, doch er wirkt distanziert. Ihr redet immer weniger miteinander und Du weißt nicht mehr, wie Du ihm noch helfen kannst. Du glaubst, selbst den Verstand zu verlieren, schaffst es aber immer am Ende einen geraden Gedanken fassen zu können. Du hast Angst um Deinen Bruder, dass der letzte Teil Deiner Familie zerbricht. Was tust Du? 2 Jahre später steht Abel wieder vor Gericht. Diesmal ist er des mehrfachen Mordes angeklagt. Und die Beweislast ist erdrückend. Du lernst einiges über Deinen Bruder, was Dich zutiefst erschüttert. Er war Mitglied eines Drogenkartells. Bei dem Versuch der Vergrößerung des eigenen Einflussgebiets kam es zu einem Hinterhalt. Es starben 52 Menschen durch Schuss- und Stichverletzungen. Du glaubst kaum, was Du hörst. Doch Abel leugnet nichts; im Gegenteil. Er gibt alles zu und bereut nichts. Was tust Du? Abel wurde verurteilt. Du hast große Schwierigkeiten zu akzeptieren, was Du erlebt hast. Du kannst nicht verstehen, wie Dein Bruder so eine Veränderung durchmacht haben kann. Du fragst Dich, ob Du das hättest sehen können. Doch Du weißt es nicht. Das Einzige, was Dir bleibt, sind Fragen und die Hoffnung, Deine Familie nicht endgültig verloren zu haben. Als Du gerade mit dieser Situation klarkommst, meldet sich das Gefängnispersonal bei Dir. Deinem Bruder wird nach mehreren Monaten das erste Mal erlaubt, einen Besucher zu empfangen. Was tust Du? Natürlich besuchst Du ihn. Er ist schließlich Familie. Als ob Du je etwas anderes tun würdest. Doch in Deinem Kopf kommen alle Bilder wieder hoch, über die Du hofftest, nie wieder denken zu müssen. Und dann sitzt Du vor ihm. Er lächelt, aber in den Augen siehst Du, er freut sich nicht Dich zu sehen. Im Gegenteil, Du siehst Wut. Du weißt nicht wie Du anfangen sollst, also erzählst Du was in Deinen letzten Monaten so passiert ist. Abel reagiert nicht. Du versuchst ihm, so freundlich wie möglich zu sagen, wie traurig und enttäuscht Du bist. Du willst ihm aber auch verständlich zu machen, dass Du ihm immer beiseite stehen möchtest, und Ihm helfen möchtest. Er reagiert. Abel erzählt Dir seine Geschichte. Eine Geschichte voller Lügen, Intrigen, Missinformationen und Fehlinterpretationen. Es verschlägt Dir komplett die Sprache. Dein Bruder scheint der Realität den Rücken gekehrt zu haben. In all seinen Taten, in allem, was er sagt, sieht er keine Fehler. Er sieht sich als Opfer der fehlgeleiteten Gesellschaft. Er gibt Dir zu verstehen, dass er die Macht haben sollte, über jedes Leben nach seinem Ermessen zu entscheiden. Es ist seine Welt. Keine kann ihm sagen, was er zu tun und zu lassen hat. Als du gehen möchtest, droht er Dir. Er will Rache für sein Leiden, und gibt Dir mehrere Namen und Adressen, deren Leben Du beenden sollst. Ihm ist egal, was Du dafür machen musst. Genauso egal, wie Du ihm bist. Und für den Fall, Du wehrst Dich dagegen, habe er noch Platz für Deinen Namen auf der Liste. Wer nicht für ihn ist, ist gegen ihn. Du gehst. Was tust Du? |